Maik Löffler
Stirbt der Lausitzer Elsterpurzler aus ?
Mit der deutschen Einheit vergrößerte sich die Rassevielfalt und die Anzahl der Farbenschläge erheblich. Die bislang in dem einen deutschen Landesteil gezüchtete Rasse (Farbenschlag), welche in den anderen Teil bis dato noch nicht anerkannt war, wurde vom BDRG im Regelfall übernommen. Viele Rassen profitierten von den erweiterten Möglichkeiten und der breiteren Zuchtbasis und dies sowohl im Osten wie auch im Westen. Die große Intensität mit der Rassegeflügelzucht in der ehemaligen DDR betrieben wurde, kommt unseren jetzt gemeinsamen Sondervereinen und Clubs sehr zu gute. Diese Entwicklung scheint an unseren Lausitzer Elsterpurzlern gründlich vorbeigegangen zu sein.
Nach mehreren Autoren gelten die Elsterpurzler Vorfahren als sehr alte, ursprünglich normalschnäblige Tümmler. Ahnen unserer Elsterpurzler gehen nach ZURTH (1964 ) auf ganz besonders stark purzelnde Tauben des indischen Kaisers Akbar (1542 - 1605 ) zurück. In und um Kopenhagen waren diese als Dänische Tümmler dann bereits 1669 vorhanden und sind über Kopenhagen im 18. Jahrhundert nach Deutschland gelangt. 1876 beschrieb sie FULTON in England und 1873 wurden diese dann bereits erstmals auch in den USA ausgestellt ( LEVI , 1965 ). Elsterpurzler wurden in Deutschland im südwestlichen und südöstlichen Teil gezüchtet, letztere vor allem in der Lausitz und Schlesien. Es scheinen auch enge verwandschaftliche Beziehungen zu den Warschauer Elstertümmlern, anderen polnischen Elstern, ungarischen und auch russischen Elstertümmlern zu bestehen (REICHENBACH , 1991). In Süddeutschland gezüchtete Elsterpurzler wurden als Alt- oder Süddeutsche Elsterpurzler bezeichnet, in der Lausitz und angrenzenden Gegenden als Purzlertaube bzw. später Lausitzer Elsterpurzler bezeichnet. Der Weg der Elsterpurzler war sehr steinig, nach dem Krieg bauten begeisterte Zuchtfreunde mit einzelnen noch verbliebenen Exemplaren neue Zuchten auf. Bis Anfang der 60er Jahre verliefen die Zuchtvorstellungen in ganz Deutschland weitgehend konvergent. 1958 bereits fanden sich 6 Zuchtfreunde zusammen und gründeten einen Sonderverein in der DDR, gleiches initiieren 1963 in Hornberg (Schwarzwald) 7 Zuchtfreunde in der BRD. 1960 wurde der Wunsch geäußert doch, die bislang mit einem recht dunklen Oberschnabel versehenen Lausitzer Elsterpurzler in Schwarz, auch mit einem schwarzen Schnabel zu züchten und den Augenrand dunkel zu fordern, ähnliches galt im Weiteren dann auch für Blau. 1961 wurde dies dann in der Musterbeschreibung verfaßt, der Augenrand bei den Roten und Gelben sollte hell sein bzw. der Farbe angepaßt (aber nicht rot) sein. Im westlichen Teil verlangte die Musterbeschreibung 1959 korallenrote Ränder und helle Schnäbel, lediglich bei den Schwarzen und Blauen wurde ein Stipp auf dem Oberschnabel gestattet, diese Forderungen bestehen heute noch. Beide Elsterpurzlervarietäten entwickelten sich seither weit auseinander. Zur Historie sei Genanntes nur zum Selbstverständnis kurz erörtert.
Worin besteht nun der Unterschied zwischen Beiden und warum die etwas, zugegebenermaßen, reißerische Überschrift und was sollte daraus folgern? Der Augenrand wird, im Unterschied zu den Korallenrot der Elsterpurzler, bei den Lausitzern in jüngster Zeit bei den Roten hellrot und bei den Gelben dem Farbenschlag angepaßt noch etwas heller als bei den Roten gefordert. Bei den Blauen und Schwarzen bleibt die Forderung nach den dunklen, schmalen, zarten Rändern. Die Augenränder der Lausitzer sind etwas feiner als die der Nachbarn und sind bei den Roten und Gelben erkennbarer Ausdruck von Vitalität, Flugfreudigkeit und Zuchtfreudigkeit. Eine Überzüchtung auf dieses Korallenrot ist unterblieben, daraus erklärt sich auch ein sehr zarter, sich sehr harmonisch einpassender Rand. Der Kopf wurde, durch intensive züchterische Tätigkeit, weitaus runder und somit auch die Stirn voller, wobei der höchste Punkt auch über dem Auge liegt. Die ganze Taube wirkt etwas kürzer und breiter, verliert hierdurch aber nicht an Eleganz, das Gegenteil ist eher der Fall. Die Blauen sind zu den westlichen Blauen nicht nur des Schnabels und der Ränder wegen nicht kompatibel, sondern wurden durch die intensive Tätigkeit eines Zuchtfreundes neu herausgezüchtet, kreuze man Beide, so wird man die Wirkung unterschiedlicher, bzw.unterschiedlich intensiv sich auswirkender gleicher Gene, bei der Farbausprägung feststellen können. Aber auch die Zeichnung weist einen Unterschied auf, der Brustschluß setzt bei den Lausitzern weiter unten an, während dieser bei den Elsterpurzlern am Beginn des Brustbeinkammes plaziert sein soll, darf dieser bei den Lausitzern lediglich nicht die Schenkel erreichen, optimal wäre ein Abschluß ca. 2cm hinter dem cranialen Brustbeinkammende. Die Tiere wirken so viel gefälliger und harmonischer. Auch halten eine Vielzahl von Züchtern des Lausitzer Elsterpurzlers ihre Tiere im Freiflug und achten darauf, daß Ihre Tiere auch tatsächlich noch purzeln, dies ist ein Hauptgrund, weswegen ich Lausitzer züchte. Tiere die nicht purzeln nehme ich, trotz sonstiger Vorzüge, nicht in die Zucht. Entgegen der Darstellung eines Autors kann ich mit Fug und Recht behaupten, daß Lausitzer Elsterpurzler keineswegs weniger purzeln als Elsterpurzler der ehemaligen Bundesrepublik, wahrscheinlich liegt ein Teil der Begründung bei der in den neuen Bundesländern vielerorts noch möglichen Freiflughaltung ( der Konflikt mit den Nachbarn tritt gegenwärtig noch seltener auf als in den alten Bundesländern ). Da die Lausitzer (zumeist) nicht in überdachten Volieren, ohne direkte Sonneneinstrahlung leben müssen, bekommen sie auch kein sogenannt "absolut sauberes Perlauge" und würden gegenüber Ihren Ausstellungskollegen verlieren. Das Auge der Lausitzer ist genetisch als Perlauge anzusprechen, Farbpigmenteinlagerungen in der Regenbogenhaut (Iris) sind kaum auszumachen, doch zeigen gut trainierte, vitale Tiere eine geringe Anzahl feinster Blutkapillaren vor allem in der Peripherie der Iris, welche durch den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) auch einen leicht rötlichen Schimmer erkennen lassen, das Auge sticht bei diesen Tieren lebhaft hervor. Preisrichter sollten bei allen perläugigen Tauben hierauf achten und nicht die reinen grauweißen aber oftmals blassen und ausdruckschwachen Iriden bevorzugen, denn diese sind oftmals durch Sonnenentzug in der Vorausstellungszeit erkauft. Auch ist der Typ der Lausitzer keineswegs größeren Schwankungen unterlegen als dies bei den Elsterpurzlern süddeutscher Zuchtrichtung der Fall ist, hierbei muß man berücksichtigen, daß die Lausitzer zwar bis zur Wende in der DDR sehr beliebt waren, dennoch aber keine Massentaube darstellten.
Was ist geschehen?: Die Lausitzer Elsterpurzler sind dem Sonderverein der Elsterpurzlerzüchter beigetreten, mußten die eigene Rassebezeichnung aufgeben und sich in den Standard der Elsterpurzler eingliedern lassen. Bei all den oben genannten Unterschieden wurden nur Konzessionen beim Schnabel und Augenrand der Schwarzen und Blauen gemacht, alles andere wurde nicht berücksichtigt. Die Zuchtfreunde des Lausitzers waren sich offenbar der Bedeutung ihrer eigenen Passivität in jener Phase der deutschen Vereinigung ihrer eigenen Rasse gegenüber nicht voll bewußt?!
Was resultierte hieraus?: Die Tiere, welche viele Jahre sehr intensiv züchterisch bearbeitet wurden und einen eigenständigen wichtigen Genpool darstellen, können unter diesen Voraussetzungen keinen Blumentopf mehr gewinnen, dem Ein oder Anderem wird aufgefallen sein, daß kaum noch ein Lausitzer Elsterpurzler auf einer großen Schau steht, dies ist auch ganz selbstverständlich, wer stellt seine Tiere schon gerne unter anderem Rassenamen und anderem Zuchtziel zur Schau und läßt sich vordem wertvollste, hochdotierte Tiere einfach hinrichten. Dem Preisrichter kann man da als Letzten einen Vorwurf machen. Wenn nicht rigoros etwas geschieht, so werden immer mehr Lausitzer Züchter die Zucht einschränken oder sogar aufgeben, viele Spitzenzüchter haben nach meinen Informationen bereits Ihre Zuchten stark reduziert und wenden sich resignierend anderen Rassen zu, oder zerkreuzen ungehemmt die eigene Rasse. Die Elsterpurzlerzüchter der alten Bundesländer hatten auch bis in die 70er Jahre hinein große Schwierigkeiten voran zu kommen, die Lausitzer hatten seit Mitte der 60er bereits einen festen Züchterkreis der sehr intensiv arbeitete (bis in die heutige Zeit hinein), es wäre nur zu schade, wenn diese zuchtfreudige, gut purzelnde, fluggewandte, elegante Varietät des Elsterpurzlers verloren geht, dies ist mittel- und langfristig auch ein großer Verlust des Gesamtsondervereines, welcher durchaus in der Lage gewesen wäre, diese Rasse vor dem Aussterben zu bewahren.
Was ist zu tun?: Beide Züchtergruppen sollten zusammenarbeiten und erkennen, daß wir es mittlerweile mit zwei, zwar eng verwandten, aber doch bereits eigenständigen Rassen zu tun haben. Ein zwangsweises Zusammenwürfeln ergibt kein automatisches Zusammenwachsen, sondern den Untergang des einen Partners bzw. die einseitige Aufgabe langjährig intensiv geleisteter erfolgreicher Züchtertätigkeit. Trotz der bereits anerkannten neuen Gesamtmusterbeschreibung muß der Lausitzer Elsterpurzler als eigenständige Rasse (siehe Vertragswerk zur Vereinigung) erhalten bleiben, die Musterbeschreibung wird von den Züchtern dieser Rasse dem BDRG vorgelegt (war ja in der DDR anerkannt). Im Frühjahr 1993 treffen sich die Freunde des Lausitzer Elsterpurzlers und beratschlagen, ob und in welcher Form die Rasse in einem eigenständigen Sonderverein gefördert werden wird, auch wird ein Standartvorschlag Erörterung finden, welcher neben dem äußerem Erscheinungsbild auch die Flugeigenschaften als Kardinalmerkmal benennt. Es bleibt zu überdenken, inwieweit mit dem bestehenden SV Zusammenarbeit angestrebt werden soll. Ziel ist eine Synthese aus Kunstfluginteressierten und Rassetaubenzüchtern, beide Interessierte Züchtergruppen sollen unter einem Vereinsdach tätig sein. Nicht nur in den Käfigen wirkt der Lausitzer Elsterpurzler, nein auch in der Luft wirkt eine Deutsche Elster mit ihren Kunstflugvorführungen phantastisch, dies erfordert dann allerdings fachkundiges Training versierter Kunstflugtaubenspezialisten. Für den Rassetaubenzüchter unter uns bleibt ein ausreichend großes und sehr interessantes Betätigungsfeld. Ergebnis wird sein : Neben dem Elsterpurzler der alten Bundesländer wird die Züchterwelt auch den in allen Teilen sehr harmonisch und dennoch spritzig wirkenden Lausitzer Elsterpurzler sehen können und dabei feststellen, daß es sich hier tatsächlich um zwei verschiedene Rassen handelt, welche Beide zusammen das Bild auf unseren Schauen zu bereichern vermögen. Für die Zuchtfreunde beider Varietäten steht die grandiose Chance, bei fest umschriebenen Zuchtziel, Anleihen beim Züchterpartner zu holen.
Es mag der Eindruck entstanden sein, daß ich den Elsterpurzler süddeutschen Typs nicht mag, dies ist mit Sicherheit nicht der Fall, nur mußte ich einige Vergleiche anstellen, um die Verschiedenartigkeit beider Purzler auch deutlich werden zu lassen und als Züchter (seit 1974, mit einer Unterbrechung, L.Elsterpurzler in der Familie gezüchtet) der betroffenen Rasse darf ich schon einmal parteiisch formulieren. Ich züchte diese Rasse wegen der begeisternden Flugeigenschaften und erst in zweiter Linie als Ausstellungstier. Dieser Beitrag ist mit dem SV nicht abgestimmt, daselbst bin ich kein SV Mitglied, doch seit Jahren interessierter Beobachter desselben. Nun verbleibt mir der innigste Wunsch für den Lausitzer Elsterpurzler, daß wir in einer neuen Organisationsform Jenen erhalten können, hierzu benötigen wir JEDEN einzelnen Zuchtfreund, Freude würde eine große Resonanz der Zuchtfreunde aus der ehemaligen SZG der L.EP. bei uns auslösen, wer Interesse an einer Mitarbeit im neuen Club hat, wende sich an mich. Wann und wo unsere erste gemeinsame Zusammenkunft stattfindet wird in der Fachpresse bekanntgegeben. Gelingt es uns nicht jetzt, zum letzt möglichen Zeitpunkt, etwas für unsere Rasse zu tun, wird diese von der Bildfläche verschwinden, derzeit gibt es bereits eine Reihe von Interessierten Zuchtfreunden, unterstützen auch Sie unser Ansinnen!
P.s. Bitte bringen Sie diese modernisierte Form des Artikels baldigst, so daß er möglichst noch bis bzw. im März erscheint und somit würden Sie einen entscheidenden Beitrag mit Ihrer Fachzeitschrift für den Erhalt unserer Rasse leisten. Betreffs der Bildunterschriften hatte ich meine Vorstellungen ja bereits kund getan, vielleicht können Sie mit Ihrem umfassenden Archiv ja auch ergänzen?!